„Das Salz“

„Zum Leben brauchen wir zwar Salz, aber nur in sehr geringen Mengen. Meerwasser enthält viel zu viel davon: etwa das 70-fache der Menge, die unser Stoffwechsel gefahrlos verarbeiten kann. In einem Liter sind durchschnittlich nur ungefähr zweieinhalb Teelöffel normales Kochsalz gelöst, jene Verbindung, die wir uns auch auf das Essen streuen. In viel größeren Mengen enthält das Meerwasser aber andere Elemente, Verbindungen und gelöste Feststoffe, die man zusammenfassend ebenfalls als Salze bezeichnet. Der Anteil dieser Salze und Mineralstoffe in unserer Körperflüssigkeit ist dem im Meerwasser gespenstisch ähnlich – beim Schwitzen und Weinen geben wir Meerwasser ab, wie Margulis und Sagan es formulieren –, aber seltsamerweise vertragen wir es nicht, sie direkt zu uns zu nehmen. Wenn zu viel Salz in den Organismus gelangt, tritt sehr schnell eine Stoffwechselkrise ein. Aus allen Zellen strömen die Wassermoleküle herbei wie freiwillige Feuerwehrleute, um den plötzlichen Salzüberschuss zu verdünnen und abzutransportieren. In den Zellen führt das zu einem gefährlichen Mangel an dem Wasser, das sie zur Ausführung ihrer normalen Funktionen brauchen. Sie werden dehydriert, um den Fachausdruck zu gebrauchen. Im Extremfall führt der Wassermangel zu Krampfanfällen, Bewusstlosigkeit und Gehirnschäden. Gleichzeitig transportieren die überforderten Blutzellen das Salz zu den Nieren, die schließlich ebenfalls überlastet sind und ihre Tätigkeit einstellen. Wenn die Nieren nicht mehr funktionieren, stirbt man. Das ist der Grund, warum wir kein Meerwasser trinken.” (Bill Bryson; Eine kurze Geschichte von fast Allem)

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